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Deutsches Sagenbuch
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  1. Der Hungerkerker in Tapiau
  2. Der Schloßberg bei Kreuzburg
  3. Die Ritter und die Nonnen
  4. Bartensteiner Bartel
  5. Miligedo
  6. Die Allensteiner Zwergmännlein
  7. Die weißen Tauben
  8. Die Barstukken
  9. Heiligelinde
  10. Sankt Georg schützt Holland

250. Der Hungerkerker in Tapiau

Tief unterm Schlosse zu Tapiau ist ein Gewölbe, das stieß früher an die Sakristei der Krypta der Ordenskirche. Von diesem Gewölbe gehen schaurige Sagen, was alles in ihm die Ordensritter Greuelvolles vollbracht.

Zu Zeiten des Hochmeisters Heinrich von Richtenberg lebte ein frommer und gelehrter Mann, Dietrich von Kuba, der war beider Rechte Doktor und wohlgelitten bei zwei Päpsten, Paulus dem Andern und Sixtus, dessen Nachfolger, und der letztere ernannte ihn zum Bischof von Samland. Das war aber geschehen ganz gegen Wunsch und Willen des Deutschordensmeisters und seines Kapitels, und der Ernannte ward ihnen verhaßt, denn der Orden war verwildert und wollte keinen Römling und Papstgünstling und mehr ritterlich leben denn geistlich. Der Bischof aber gedachte in seinem Sinn unter des Papstes Schutz den verderbten Orden zu bessern und zu reformieren, und wer in der Welt mit Glück reformieren will, der muß eine eiserne Faust, eine eherne Stirne und ein feuriges Herz haben, sonst wird es ihm nimmer gelingen, denn die Welt will nicht reformiert und gebessert sein. Und des Bischofs Dietrich von Kuba Eigenschaften reichten nicht aus, einer zahlreichen ritterlichen stolzen und mutvollen Ritterklerisei allein gegenüberzustehen. Die Ordensgebietiger nahmen ihn gefangen und ließen ihn in das Schloß gen Tapiau führen, wo er in ehrlicher Haft nach Standesgebühr gehalten ward. Aber dort umspann schnöder Verrat den gefangenen Bischof; er wird zu einem Fluchtversuch beredet, entdeckt und nun sein Verderben beschlossen. Der Hochmeister und das Ordenskapitel verdammten den unglücklichen Mann zum Hungertode. In das erwähnte Gewölbe ward er gebracht, dort an die Mauer angeschmiedet und fortan ohne Trank und Speise gelassen. Acht Tage lang schmachtete er hier in unendlicher Qual. Am achten Tage hörte das Volk in der Kirche, da die Sakristeitüre zufällig offengeblieben war, eine heisere Stimme wimmernd rufen: Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen? Mein Gott, mein Gott, erbarme dich meiner!

Diese Stimme ward nachher noch oft gehört, als des Bischofs Leiche längst beigesetzt war, was in Königsberg geschah. Die Untat ward ruchbar, der Papst ergrimmte gegen den Orden, aber der Orden schwur sich rein. Eine Zeit darauf erkrankte der Hochmeister heftig. Schon war er jedoch wieder auf dem Wege der Genesung, als er mit einem Male auffuhr und rief: Meinen Harnisch! Mein Roß! Der Bischof – ich muß fort! Der Bischof ladet mich vor Gottes Gericht! Herr, mein Gott, erbarme dich meiner! – Und sank um und war tot.

251. Der Schloßberg bei Kreuzburg

Über Kreuzburg hat vorzeiten ein Schloß der Deutschherren gestanden, davon sieht man noch Trümmer, und es ist auf dem Berge nicht geheuer. Eine weiße Jungfrau wandelt auch dort und hofft auf Erlösung, wie die Sage an so viele Schloßberge und Trümmerburgen knüpft. Unter den Trümmern ruhen noch viele verborgene Schätze. Spielenden armen Kindern, welche zufällig in eines der halbverfallenen Kellergewölbe gerieten, erschien die weiße Jungfrau und füllte ihnen die Mützen mit Gold. Jubelnd brachten sie die Gabe nach Hause, und die bedrängten Eltern waren glücklich. Andere neideten diesen ihre Begabung, sie durchkrochen alle Gewölbe, es erschienen ihnen aber nur Kröten und Unken und keine gabenspendende Jungfrau. Eines Abends hatten die Schuhmacher ihren Jahrestag gefeiert und sich tüchtig bezecht. Da meinten zwei Gesellen, es wäre doch schön, wenn sie die Jungfrau im Schloßberg aufsuchten, Mut hätten sie dazu, und torkelten in der Nacht den Berg hinauf. Sie sahen auch die Jungfrau in der Tat sitzen, das Kleid derselben kam ihnen ganz blümerant vor, vor sich hatte sie eine Braupfanne voll Gold und in der Hand eine silberne Kelle. Die Schustergesellen boten ihr einen recht schönen guten Abend und baten um einen Zehrpfennig. Da winkte ihnen die Jungfrau, ihre Schurzfelle aufzuhalten, und da strich sie mit der Kelle das gehäufte Gold von der Braupfanne in die Schurzfelle. Sie hatten ganz schwer an der Last zu tragen. Mit Neugier erwarteten die Meister und Gesellen auf der Herberge ihre kecken Kumpane. Endlich kamen sie und jubelten, obschon ihre Köpfe schwerer und ihre Schurzfelle immer leichter geworden waren. Jetzt schütteten sie den Schatz auf den Tisch – o pfui alle Teufel – was war das für Gold? Gelbe Molche, grüne Frösche, braune Kröten, faules Holz. Und das Ungeziefer kroch umher und hüpfte gar in das Putziger Bier und in das Danziger Goldwasser, daß es ein Ekel war. Da sind die beiden Gesellen furchtbar durchgebleuet worden, denn das Handwerk hielt es für einen Schimpf und Schabernack, den die beiden ihm hätten antun wollen.

252. Die Ritter und die Nonnen

Zu Kreuzburg stand vorzeiten ein uraltes Rathaus auf dem alten Markt, da ward in jeder Neumondmitternacht ein sonderer Spuk erblickt. Vom Schloßberg herab auf dem sogenannten Kirchenweg kam ein Zug von vier offenen uraltväterischen Wagen, jeder mit vier Pferden bespannt, die ersten beiden mit Schimmeln, die andern beiden mit Rappen. Ruhig gingen die Schimmel, unruhig die Rappen; diese bäumten sich und schnaubten Feuerfunken aus den Nüstern.

In den vordern Wagen saßen, je zu sechs, zwölf Nonnen im weißen Ordenshabit mit Skapulier und Rosenkranz, aber ohne Kopf, in den folgenden Wagen zwölf geharnischte Ritter, jeder hielt seinen Helm im Arm, und im Helm steckte auch gleich sein Kopf. In lautloser Stille umkreiste dieser Zug dreimal den Markt, es schallte kein Hufschlag, es ward kein Räderrollen gehört. Der Kutscher der Nonnen war ein weißes Lamm, jener der Ritter ein schwarzer Ziegenbock. Endlich ging der Zug in das alte Rathaus hinein, und drinnen erschallte wilde Musik und wurden Stimmen der Ritter und Nonnen vernommen, laut und brausend und fein und süß, wie Trinklieder und melodische Hymnen durcheinander, wie dort im verwünschten Kloster bei Niederlahnstein am Rhein. Mit dem ersten Glockenschlage der Mitternachtsstunde kamen die Wagen mit ihren Insassen wieder aus dem Rathaus hervor, zogen wieder dreimal um den Markt und fuhren aber nicht die Kirchenstraße zurück, sondern zur Schloßstraße hinaus, und war nur noch das graulich und verwunderlich anzusehen, daß auf den Leibern der Ritter die Nonnenhäupter und auf denen der Nonnen die behelmten Häupter der Ritter saßen.

Als im Jahre 1818 der Markt samt dem alten Rathaus abbrannte bis auf ein einzelnes altes Gebäu, sind die Ritter und Nonnen, aber jedes mit seinem eigenen Kopf auf richtiger Stelle, erschienen, haben über Schutt und rauchende Trümmer neunmal den Markt umzogen und ihr nächtliches Fest in dem einzelnen alten Hause gehalten, doch minder wild und laut, es hat eher geklungen wie Orgelton und fromme Choräle. Beim Neubau des Marktes mußte auch jenes alte beschädigte Haus abgetragen werden, damit der neue Markt größern Raum gewinne, und in der ersten Neumondnacht, nachdem dies geschehen, ward über seiner Stätte gar eine sanfte und liebliche Musik vernommen und ein wonnevoller Gesang: Gloria sit patri, filio et spiritui sancto!Und damit haben die Ritter und Nonnen Abschied genommen und sind eingegangen zur ewigen Ruhe.

253. Bartensteiner Bartel

Bei der Stadt Bartenstein fließt die Alle, die ihre sanfte Strömung nach Königsberg lenkt. Dicht über dem Fluß in der Stadtnähe ist ein Hügel, der eine Burgtrümmer trägt und einen kolossalen Granitblock, der einer menschlichen Figur nicht unähnlich sieht. Die Burg auf dem Hügel war der Sitz eines ehemaligen Herrschers in diesem Lande, Barto geheißen; ein Zauberfluch ließ seine Burg in die Tiefe versinken und den Barto versteinert zutage bleiben. Das Volk nennt den Stein den Bartel, und nach ihm soll die Stadt am Fuße des Hügels heißen. Im Berge sollen noch große Schätze verborgen ruhen, und ein Gang, der unter der Alle hinwegführt, soll in der Kirche eines Nachbardorfes ausmünden, man weiß aber nicht, in welche. Im nahen Bartelsdorf möchte das wohl am ersten sein, wenn es eine Kirche hat.

Ein anderer menschengestaltähnlicher Stein ward früher in der Johanniskirche zu Bartenstein aufbewahrt, jetzt steht er im Rektoratgarten. Ein Bürgermädchen – die Sage nennt sogar dessen Namen, Guste Balde – sollte auf Geheiß der Mutter zur Messe gehen, aber der eitlen Dirne waren ihre Kleider nicht schön genug, und sie weigerte sich gegen ihre Mutter des frommen Ganges. Da rief die Mutter voll Zorn: Ei, daß du zu Stein würdest, du putzsüchtige Närrin! – und darüber stand die Tochter ganz versteinert und blieb ein Stein bis auf den heutigen Tag.

254. Miligedo

Auf dem Schlosse zum Bartenstein saßen die Kreuzherren mit vierhundert Wappnern, und die heidnischen Preußen hielten das Schloß rings umlagert. Ihr Führer hieß Mattingo. Unter der Besatzung des Schlosses war ein starker Riese, der hieß Miligedo, war zuvor ein Heide gewesen, hatte sich aber bekehrt und war als Kämpfer in den Marienorden getreten. Die Heiden fürchteten ihn sehr, denn er war schier unüberwindlich; da sie ihn nun viel lieber unter den Toten als unter den Lebenden sehen wollten, so machten sie einen Anschlag gegen ihn. Ein rüstiger Kämpe mußte Miligedo zum Zweikampfe herausfordern. Miligedo erschien ganz allein und ohne weitere Waffen als eine Keule, aber die war nicht leicht, ihr Knopf war voll Blei gegossen. Jetzt rückte der Kampfgeselle gegen ihn an, gut versteckt aber lauerten noch zwanzig Preußen in einem ganz nahen Hinterhalt. Miligedo begrüßte seinen Gegner mit einem Hauptstreich, er schlug ihm nämlich den Helm gleich in die Hirnschale hinein, daß er tot zusammenstürzte. Da brachen die zwanzig versteckten Feinde hervor und fielen ihn an wie eine Meute Hunde einen Edelhirsch. Miligedo aber wirbelte mit seiner Keule im Kreise herum, und wo die hintraf, wuchs kein Gras. Es dauerte gar nicht lange, so lagen fünfzehn im Sande, und Miligedo hatte noch keine Wunde. Die übrigen entflohen, und Miligedo ging geruhig auf das Schloß Bartenstein zurück.

255. Die Allensteiner Zwergmännlein

Höher hinauf an der Alle liegt das Städtchen Allenstein, dem sie ebenso den Namen verlieh wie dem tiefer abwärtsliegenden Allenburg. In Allenstein hausen Zwergmännlein in großer Zahl. Eines reichen Ratsmannes Frau namens Schellendorf saß eines Abends allein in ihrer Stube; die Mägde waren im Hause beschäftigt, die Frau feierte und hatte kein Licht. Sie hing ihren Gedanken nach. Da öffnete sich die Stubentüre ganz weit, und in die Stube wimmelten die kleinen Männlein, jedes trug einen spitzen Hut und ein Laternchen mit blau brennendem Licht, auch führte jedes ein Zwergenfrauchen oder Jungfräulein im besten Putz. Die Frau Schellendorf erschrak und schlug die Hände vor die Augen, blinzelte aber durch die Finger und sah, daß sich die Pärlein zum Reigen stellten und solchen auch alsbald gar zierlich begannen. Da trat plötzlich ein Männlein aus dem Kreis vor die Frau und rief mit grölzender Stimme: Was blinzelst du? Du sollst nicht blinzeln! Mache deine Augen ganz zu! – Die Frau tat es nicht, sie äugelte ferner durch die Finger. Da sprach das Männlein wieder: Laß dir raten, Frau, und mache deine Augen zu! Sie aber tat es dennoch nicht. Darauf sprach das Zwergmännlein zu einem andern: Verschließe die Fenster! Und gleich trat dieses andere Männlein vor die Frau und blies ihr in die Augen. Vom Augenblicke sah sie keinen Stich mehr und ist blind geblieben all ihre Lebetage.

256. Die weißen Tauben

Als der Deutsche Ritterorden im Jahre 1325 nötig fand, die von ihm bis jetzt behaupteten Landstrecken zu schützen und feste Punkte zu haben, wurden im Lande Galindien das Schloß Wartenburg (auch an der Alle) und im Bartenlande das Schloß Gerdauen gegründet und erbaut, um welche Schlösser sich hernachmals Städtlein anbauten. Da nun der priesterliche Ritterorden diese beiden neuen Schlösser mit feierlichem Hochamt und Messe einweihete, da flog über dem Schlosse Wartenberg eine ganz weiße Haustaube, über Gerdauen aber flogen zwei, und das war das erstemal, daß in dieser Gegend Haustauben erblickt wurden, denn damals war das meiste Land umher nur noch eine öde weite Wildnis, von düstern Föhrenwaldungen unterbrochen, in denen nur die wilde Taube heimisch war.

257. Die Barstukken

In der Stadt Rastenburg und bei derselben gibt es auch Zwergmännlein, die führen dort den seltsamen Namen Barstukken, auch Fingerlinge, und die sind nicht so böse als die andern, die weiter nordwärts hausen. Sie wohnen vornehmlich in einem Hügel bei dem Dorfe Heiligelinde, wo in den Heidenzeiten eine übergroße Linde gestanden haben soll, unter welcher nach dem Volksbrauch die Götter verehrt wurden.

Die Barstukken erscheinen als gute und hülfreiche Hausgeister, welche bei Kranken wachen, wenn die Wächter schlummern, besonders bei Mondschein. Denen sie gütig gesinnt sind, denen schleppen sie zu, was sie von denen nehmen, die sich nicht hold gegen sie beweisen. Man mußte ihnen ein sauberes Tischchen decken und darauf einfache Kost stellen, Brot, Butter, Käse, Bier, Milch, damit waren sie zufrieden und verzehrten es. Blieb alles unberührt, so war das kein gutes Zeichen, dann wollten die Barstukken nichts mehr von dem Hausbesitzer wissen und taten für das Gesinde keine Arbeit mehr. Die Barstukken, auch Berstuken genannt, hatten einen Gott über sich, der hieß Puschkait. Seine und ihre Wohnung war unter Holunderbüschen.

258. Heiligelinde

Als die Götterstätte in der Nähe von Rastenburg zerstört war, blieb doch dem Volke, obschon es zum Christentum bekehrt war, die Stelle lieb und wert, und es wurde auf jenem Hügel eine junge Linde gepflanzt. Nun saß einmal vor vielen hundert Jahren ein Missetäter zu Rastenburg auf den Tod gefangen, dem erschien, weil er reuig war, am Tage vor seiner anberaumten Hinrichtung die heilige Jungfrau, die sprach ihm tröstlich zu und gab ihm ein Messer und ein Stück Holz und sagte: Schnitze aus dem Holz, wozu du Lust hast, und setze das Bild dann auf eine Linde. Solches tat er und begann zu schnitzen, und am andern Morgen war es die kostbarste Schnitzerei geworden, ein übervortreffliches Marienbild mit dem Jesusknaben auf dem Arm, und nun erzählte der Gefangene von der Wundererscheinung. Darauf wollte ein Rat zu Rastenburg den Gefangenen nicht richten, sondern gab ihn frei, damit er Mariens Befehl vollziehe. Darauf ist der Mann aus Rastenburg gegangen gen Rössel zu, aber er ist vier Tage herumgeirrt, bis er eine Linde fand, und das war auf dem alten Götterhügel, darauf stellte er sein Bild. Es war aber der Ort gar nicht weit von Rastenburg und noch näher bei Rössel gelegen und führt jetzt die Straße von einem Ort zum andern dort vorbei. Als das Bild auf der Linde stand, blieb die Linde Sommer und Winter grünen, und das Bild begann Wunder zu üben, wie jenes wundertätige Holzbild der heiligen Jungfrau mit dem Kinde unter der Linde zu Grimmenthal, die noch heute steht. Ein Blinder ward vorbeigeführt, der sah einen hellen Schein, dem ging er nach, und als seine Hand die Linde berührte, wurden seine Augen aufgetan, und er sah zuerst vor allem das Bild und betete dankend an. Das Vieh, das am Baume vorbeigetragen wurde, beugte die Kniee vor dem Bilde. Da nun die zu Rastenburg von dem Bilde hörten, wollten sie es bei sich verehren und in gute Obhut nehmen, stellten daher eine große Prozession an und zogen über Poswangen und Pötschendorf nach dem Hügel und holten das Bild; allein am andern Morgen war es fort und wieder an der alten Stelle. Da haben die Rastenburger eine noch größere Prozession angestellt und sind wieder hingezogen und haben das Bild geholt, es ging ihnen aber wieder ebenso – das Bild kehrte zu seiner Linde zurück, wo es stehen wollte. Und nun wurde dort eine Kapelle gebaut und entstand eine große Wallfahrt, und ein Ort baute sich an, der wurde Heiligelinde genannt. Alle Bäume in der Gegend zwischen den vier Dörfern Pötschendorf, Beeslack, Kattmedien und Rabowen, deren genauen Mittelpunkt Heiligelinde bildet, neigen ihre Wipfel jener Kapelle zu.

Gleiche Wanderung eines Marienbildes, von welcher die Sagen häufig melden, wird auch von Kulm erzählt, allwo das Bild immer wieder aus der Kirche auf die Stadtmauer wich.

259. Sankt Georg schützt Holland

Als der Hochmeister Albrecht mit den Polen kriegte, waren diese schon bis zum Städtchen Preußisch-Holland vorgedrungen, welches nicht weit von Elbing liegt, und hielten es mit achttausend Mann umlagert; im Städtlein aber war gar wenig streitbare Mannschaft, dennoch geschah den Belagerern ein großer Schade, und sie vermochten nicht, Holland zu gewinnen. Denn wenn sie einen Sturm unternahmen, sahen sie einen bekreuzten Ritter mit einem wunderlichen uralten Helm und einem strahlenden Panzer, darüber eine weiße bekreuzte Tunika den Streitern voran, der immer da vorkämpfte, wo die Belagerten sich schwach zeigten. Das haben hernachmals die Gefangenen selbst ausgesagt, welche bei einem Ausfall gemacht wurden, und als das Polenheer vor Holland über zweitausend Mann verloren hatte, ward die Belagerung aufgehoben. Auch die Kugeln, die der Feind in die Stadt geschossen, hatten keine Wirkung. Eine derselben aus einer Notschlange traf in eine Wiege, in welcher zwei Kinder schliefen, ohne eines derselben zu verletzen. Ein offenbares Zeichen höheren, göttlichen Schutzes.

Gleiche Hülfe von oben ließ auch der Stadt Elbing der Himmel angedeihen, als im Jahre 1260 die heidnischen Polen die Stadt mit großer Macht belagerten. Männer mit weißen schwarzbekreuzten Mänteln kämpften an der Spitze der Christenstreiter mit feurigen Schwertern, und die Belagerung ward gänzlich abgeschlagen und der Feind in Unordnung und wilde Flucht gebracht.

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