410. Die QuästeIm Harz ohnweit Roßla und Wallhausen erhebt sich eine Burgtrümmer auf dem Quästenberge, der aber früher Finsterberg geheißen haben soll, und das Dorf Quästenberg am Fuße soll auch eine Stadt gewesen sein. Der Burgherren einer hatte eine Tochter, die ging als junges Kind aus der Burg und verirrte sich, Blumen suchend, in dem Walde, der rings die Burg umgab. Als das Töchterlein nicht heimkehrte und vermißt wurde, entstand große Sorge um dasselbe in den Herzen seiner Eltern, die ganze Dienerschaft ward ausgesandt, es zu suchen. Indessen hatte ein Köhler dasselbe schon im tiefen Walde gefunden, wie es harmlos aus seinen Blumen einen Kranz wand, und nichts von ihm über seine Herkunft erfahren können; er hatte es aber mit in seine Hütte genommen, ihm zu essen gegeben und es bei sich behalten. Zu ihm in seine stille Waldeinsamkeit drang nichts von der Sorge und dem Suchen, die dem verlorenen Kinde galten, bis einige Leute von Roda, einem mansfeldischen Dorfe, es auf einer Wiese wieder mit Kranzwinden beschäftigt fanden und von ihm zu der Köhlerhütte geleitet wurden; diese Leute wußten von dem Verlust des Kindes, befragten den Köhler und erfuhren von ihm, daß er dasselbe im Walde allein gefunden habe. Nun eilten alle mit dem Kinde nach der Finsterburg, und der Köhler trug den Kranz, den es gewunden hatte, solchen Kranz nannte man aber damals Quäste. Große Freude über des Kindes Wiederkehr war auf der Burg. Der Ritter schenkte dem Köhler und den Einwohnern zu Roda die Wiese, auf der sein Töchterlein wiedergefunden wurde, und ordnete ein Volksfest an, das alle Jahre am Tage der Auffindung des Kindes, am dritten Pfingsttage, gehalten werden sollte. Da ziehen die Bursche denn das Fest besteht noch immer eine starke Eiche auf den Burgplatz, befestigen einen Kranz wie ein Wagenrad groß daran und richten sie auf, es wird sogar zur Erinnerung noch Gottesdienst gehalten. Auch nannte jener Ritter seine Burg fortan Quästenburg und nicht mehr Finsterburg, und im Volke heißt noch heute die jetzt öde Trümmer die Quäste. 411. Stammschloß AnhaltNicht gar weit vom Schlosse Falkenstein, nur eine halbe Meile, liegen auf dem großen Hausberg die geringen Reste einer Burg, welche einem noch blühenden Fürstenhause, den Gebietern dieser ganzen Harzgegend, den Namen verlieh; das ist Anhalt, in undenklich früher Zeit auf einem Jaspisfelsen ohne Holz erbaut, daher On-Holt genannt. Darauf ist ein sehr tiefer Felsenbrunnen, der war lange verschüttet, ist aber in neuer Zeit wieder bis zum Grunde aufgeräumt worden, und in dem Brunnen ist ein Schatz verborgen, der liegt in einem Kessel, es hat ihn aber noch niemand zu heben vermocht. Einst machte eine Gesellschaft den Versuch und ließ einen Bergmann in den Brunnen hinab. Dieser vollbrachte alles nötige Zauberwerk glücklich, und siehe, der Kessel rückte auch wirklich herauf, ganz voll alter Taler und Goldgülden, so nahe an die Hand des Bergmanns heran, daß dieser nur zugreifen durfte. Sowie er aber die Hand danach ausstreckte, um einzusacken, so zog sich der Kessel zurück wie eine spröde Schöne, dann kam er wieder nahe und äffte den Bergmann so fort und fort, bis dieser des Gaukelspieles überdrüssig war und einen Fluch tat. Plauz, fiel der Kessel in die Tiefe, und der Bergmann hörte das Gold und das Silber noch lange klingeln und rollen und an die Felswände des Brunnens anschlagen. In der Nähe liegt auch eine Wiese, die Pfannenwiese genannt, die hat ihren Namen von einer in ihr verborgenen Braupfanne voll Gold und Silber, wie denn der Sagen von verborgenen und verzauberten Bergschätzen auf und am Harzwalde so viele sind, daß ihre Zahl in das Unendliche geht. 412. Doktor Faust auf AnhaltZum Grafen von Anhalt kam zur Winterszeit der weitberufene Doktor Faustus, und da er die Frau Gräfin in gesegneten Umständen sah, so fragte er sie, ob sie nicht irgendein Gelüste oder Verlangen habe nach etwas Besonderem, wie bei Frauen in Hoffnung nicht selten, so wolle er es ihr gern vermöge seiner Zauberkunst verschaffen. Solches freundliche Erbieten nahm die Frau Gräfin gütig auf und erwiderte, es würde ihr wohl ein großes Verlangen befriedigt werden, wenn sie statt des trocknen Konfekts und der trocknen Nüsse frischen Obstes, als Weintrauben, Kirschen und Pfirsiche, teilhaft werden könnte, die werde aber jetzt im rauhen Winter weder er noch ein anderer Zauberer herbeizuschaffen vermögen. Da nahm Doktor Faustus drei silberne Schüsseln, setzte sie vor das Fenster des Tafelzimmers, murmelte eine Zauberformel und brachte dann alsbald die erste Schüssel voll frisches Obst, Äpfel, Birnen und Pfirsiche, die zweite voll Kirschen, Aprikosen und Pflaumen, die dritte voll blauer und grüner Trauben herein und hieß sie ohne Zagen davon essen, was die Gräfin auch mit großem Wohlbehagen tat. Als nun die Zeit kam, daß Doktor Faustus von Anhalt Abschied nehmen wollte, so ersuchte er den Grafen und die Gräfin, ihn auf einem Spaziergang zu begleiten, er wolle ihnen etwas Neues zeigen. Dieses geschah im Geleite des gräflichen Gefolges, und als man vor das Burgtor trat, sah man auf einer Höhe, der Rombühl genannt, ein neuerbautes Schloß sich erheben, auf dessen breiten Wallgräben Wassergeflügel schwamm; das Schloß hatte fünf Türme, und als die Gesellschaft näherkam, fand sie zwei Tore und den Zwinger belebt von einer Menagerie seltener Tiere, die darin umhergingen und sprangen, ohne sich zu beschädigen, Affen, Meerkatzen, Bären, Gemsen, Strauße und sonstige Tiere. In einem Saale harrte ein auserlesenes Frühmahl, bei welchem Doktor Fausts Famulus, Christoph Wagner, den Diener machte, und in welchem eine unsichtbare Musik sich hören ließ. Speisen und Weine waren solcher Art, daß sie alle mit Wohlgefallen sättigten. Als die Gesellschaft aus diesem schönen Schlosse nach länger als einer Stunde Aufenthalt wieder aufbrach und sich dem Schlosse Anhalt wieder näherte, nicht ohne rückwärts nach dem neuen Schloß zu blicken, da hörten und sahen sie, wie dieses unter Schüssen und Krachen wie von Büchsen und Kartaunen in Flammen aufging, Faustus und Wagner waren verschwunden, und alle fühlten einen Löwenappetit, und es kam ihnen allen der Hunger in den Leib, und mußten noch einmal frühstücken, denn, was sie gegessen, war eitel Blendwerk gewesen. 413. Das ist des Manns FeldDa Kaiser Heinrich auf seiner Pfalz Wallhausen in der güldnen Aue Hoflager hielt, wollte er einem seiner Mannen eine Gnade erzeigen, und so erbat sich dieser ein Stück Feldes, angrenzend an die güldne Aue, so groß, als er mit einem Scheffel Gerste werde umsäen können. Dieses Ansuchen gewährte ihm der Kaiser, und der Rittersmann säete nun nichts weniger als dicht, sondern lang und weit und umfing den Bodenraum einer ganzen Grafschaft. Das verdroß des Kaisers Ritter und Dienstmannen, und murrten gegen ihn, daß jener Kämpe mit ziemlicher Unbescheidenheit zu Werke gegangen, der Kaiser aber lachte und sprach: Wort ist Wort. Was der Mann umsäet hat, das ist des Manns Feld. Von da ab wurde und blieb der neuen Grafschaft der Name Mansfeld, und in das Wappen, das die Grafen annahmen, wurden Gerstenkörner gestellt, welche die Heraldiker hernach Wecken nannten, weil sie den Ursprung vergessen hatten und die Körner undeutlich ausgedrückt fanden, wie sie aus den ursprünglichen Pfauenschweifwedeln durch den Hut überm Wappen der alten Grafen von Henneberg ein paar unbedeutende Rohrkolben gemacht und andere solche Schnitzer mehr auf gar vielen alten Geschlechterwappen. Des Hauses Mansfeld Ahnherren haben die alten Historiker, die so zuverlässig sind wie die alten Heraldiker, weit über die Zeit der Kaiser Heinriche hinaufgerückt, sie glänzten nach ihnen schon unter den Rittern der Tafelrunde. 414. Schloß MansfeldDie Sage geht, daß auf der Stätte, darauf Schloß Mansfeld sich erhob, jener Lindwurm hauste, und zwar in einem ungeheuerlichen Lindenwalde, den der Ritter St. Georg erlegte. Der Berg heißt noch bis heute der Lindberg, und St. Georg wurde als der Grafschaft Mansfeld Schutzpatron gar eifrig verehrt und sein Bild, den Lindwurm erlegend, zu Roß und zu Fuß auf die mansfeldischen Münzen geprägt, nicht minder war ihm die Kirche des Städtleins Mansfeld geweiht. Ja die Einwohnerschaft ehrte diesen Heiligen so hoch, daß sie ihn für einen Grafen und Herrn von Mansfeld hielt und überall sein Bildnis, selbst in Fensterscheiben und an Öfen, wie an Gebäuden, Säulen und Brücken, anbringen ließ. Das Schloß war groß, stattlich und fest, jedes neue Jahrhundert erweiterte es und schmückte es aus und brachte auch mancherlei Bildwerk an. So zeigt man noch als Wahrzeichen einen Mönchs- und einen Nonnenkopf und erzählt als Sage, daß ein klösterliches Liebespaar auf dem Schloß gefangengehalten worden; da erhenkte sich das arme Nönnlein in ihrer dunkeln Kammer, und der Mönch stürzte sich vom Schlosse, worauf die Geister beider in liebender Unzertrennlichkeit dem Geschäft des Spukens oblagen. Auch heitere Trinkbilder zierten manchen Eingang, denn die edlen Grafen waren mannliche Zecher und taten's dem Grafen Klettenberg zum mindesten gleich. Einst besuchte Doktor Luther die hohen Herren, von ihnen eingeladen, da schwemmte ihm schon der Wein die Treppe herab entgegen, und droben die Trinker wankten und schwankten. Da rief Luther ihnen prophetisch zu: Ei, ihr Herren, dünget ja gut und schön! Da wird brav Gras danach wachsen! Und dem geschahe also. Gras wächst seit lange auf Treppen und Gängen und in den Höfen des Schlosses Mansfeld, hohes Gras, und die Grafen sind längst ausgestorben, der goldene Saal ihres Schlosses ist eine Trümmer. 415. Stein und Schlacht am WelfesholzOhnweit dem Städtchen Hettstedt liegt das Welfesholz, da liegt nahe dem Holze ein Stein in der Feldmark zwischen Helmsdorf und Gerbstädt, nur wenige Schritte von dem Schleifwege, welcher von Zabenstedt nach dem Welfesholze führt; derselbe Stein ist gar hoch berühmt. Der Ahnherr der Grafen von Mansfeld, Graf Hoyer, war Kaiser Heinrichs V. Feldmarschall und führte dessen Heer gegen die Sachsen, die unter Graf Wiprecht von Groitsch stritten. Graf Hoyer war, wie der große Römer Julius Cäsar, aus seiner Mutter Leib geschnitten, und da die Schlacht am Welfesholze beginnen sollte, so ritt der Graf zu jenem Stein und sprach stolz und freudig: Ich Grave Hoyer ungeborn, und da griff er mit eiserner Hand in den Stein wie in einen Weizenteig und begann die Schlacht. Aber des Grafen Zuversicht und Stolz brach sein furchtbarer Gegner, Graf Wiprecht von Groitsch, der im persönlichen Kampfe nach der tapfersten Gegenwehr den Helden fällte und erschlug. Die Sachsen siegten, und des Kaisers Heer wich vom Kampfplatz, soviel dessen nicht erschlagen ward. Ein Weidenstock rief in dieser mörderlichen Schlacht: Jodute! Jodute!, den uralten Hülferuf. Das half zum Siege. Die Sachsen errichteten darauf eine Siegessäule, die sie Jodute nannten und ihr viele Ehrfurcht erwiesen; später wurde eine Kapelle an den Ort gebaut, und aus dem Jodute schufen die Mönche mit klugem Sinne ein Signum Adjutorii, das Volk aber in seinem unklugen Sinne machte einen neuen Heiligen des Namens Jodute daraus. Der Stein am Welfesholz steht noch auf dem Acker, fast eine Elle dick und breit, und die Spur des Griffes von der Heldenfaust ist tief in denselben eingedrückt. Er gleicht einem weißen Kiesel und wird beim Gewitter weich. Wenn einer mit einem Stock daranschlägt, soll er erklingen, als ob er hohl wäre. 416. Die Geister auf ArnsteinNahe beim Dorfe Harkerode überm Tale des Flüßchens Eine ruhen die Trümmer der mansfeldischen Burg Arnstein. Auf dieser Burg saß auch ein Graf Hoyer zur Zeit Kaiser Karl V., und war dieses Kaisers Feldmarschall, ein Schrecken der Feinde, wie sein ruhmreicher Ahnherr, jener Hoyer, der in der Schlacht am Welfesholze fiel. Er war aber gar hart, grausam und tyrannisch, ließ viele Gefangene in seinem Burgverlies auf Arnstein verschmachten, und auch sein Gemahl war von gleicher Strenge und Herzenshärte. Dafür sind sie beide schon beim Leben oft verwünscht worden, und nach ihrem Absterben gedieh die Verwünschung dahin, daß sie beide in einem Winkel hoch oben in der Burgmauer einander gegenübersitzen und wimmern und stöhnen müssen. Die Gräfin spinnt und spinnt und muß ohn' Ende spinnen bis zum Jüngsten Tage. Am Fuße des Burgberges geht ein spukender Mönch um, der alle sieben Jahre einmal herauf auf die Burg kommt und sie durchpoltert. Sonntagskindern zeigt er sich bisweilen sichtbarlich, andern nie; es ist aber kein Gewinn und keine Freude, sotanen Mönch zu sehen, denn sein Anblick erregt ein unaussprechliches Grauen. 417. Neun Kinder auf einmalZu Querfurt saß ein Graf, des Namens Gebhard, dessen Bruder war der heilige Bruno, der Apostel der heidnischen Preußen, nächst dem heiligen Adalbert. Graf Gebhard war ein strenger und ernster Herr, starrren Kopfes und raschen Handelns. Da er nun einmal eine Zeitlang aus seiner Herrschaft abwesend war, gebar ihm seine Gemahlin, eine edle Sachsin, auf dem Haus Querfurt auf einmal neun Kindlein. Ueber so reichen Segen erschraken sie und ihre Frauen nicht wenig, und getrösteten sich von dem Grafen und Herrn nichts gutem, denn er war gar wunderlich, und hatte schon zum öftern sich ungünstig über Frauen geäußert, die mehr als ein Kind, etwa zwei oder drei zugleich geboren, nun vollends dreimal drei, das dürfte ihm schier allzuviel dünken und nicht mit rechten Dingen zuzugehen scheinen. Wurden daher unter einander Rathes, eines der Kindlein, das erste und stärkste zu behalten, und die acht übrigen bei Seite zu schaffen, und ward einer der dienenden Frauen befohlen, die acht Kindlein in einem Kessel hinweg zu tragen und den Kessel, mit Steinen beschwert, in den nahen Schloßteich zu senken. Dieser Trägerin begegnete der heilige Bruno, welcher damals in Querfurt lebte und in früher Morgenstunde bei einem schönen Quellbrunnen auf- und abwandelte und sein Gebet sprach, und da er ein Kindlein winseln hörte, fragte er, was sie trüge? Das Weib erschrak und sprach: junge Welflin (Hündchen) und wollte rasch vorüber eilen, allein Bruno nöthigte sie, den Mantel von dem Kessel aufzurücken, und sah die acht Kindlein, und zwang der Frau das Geständniß ab, wem sie gehörten, die ihm nun auch die ganze Wahrheit sagte. Bruno legte ihr tiefes Schweigen auf, selbst gegen die Mutter, taufte in dem kupfernen Kessel, darin die Kindlein lagen, dieselben an dem Quellbrunnen, und nannte sie insgesammt Bruno nach sich selbst, dann brachte er sie unter bei guten treuen Leuten zur Pflege und Auferziehung und hielt alles tief geheim, bis die Zeit kam, da er wieder gen Preußen zu ziehen gedachte. Der aufbehaltene neunte Knabe wurde Burkhart genannt und ward hernachmals der Großvater Kaiser Lothars. Da nun Bruno aus dem Lande zu ziehen im Begriff stand, offenbarte er seinem Bruder das Geheimniß, und nahm ihm das Versprechen ab, seiner Gemahlin jene frevelnde That nicht entgelten zu lassen, die nichts anderes wisse, als daß die Kindlein todt seien, und die Jahre her stets tiefe Reue und schmerzliche Betrübniß darob empfunden. Dann ließ er die acht Knäblein, eines/ gekleidet wie das andere, in das Schloß bringen und stellte sie den Aeltern vor, da sahen sie wohl an Gestalt und Geberden, daß sie des neunten rechte Brüderlein, und war Leid und Freud bei einander. Doch ließ Graf Gebhard seine Gemahlin nicht ganz ohne Strafe. Er ließ ihr ein Paar neue Schuhe machen, nicht von Leder, sondern von Eisen, und dieses Eisen ließ er glühend machen, und solche rothe Schuhe mußte die Frau Gräfin auf eine Zeit anziehen, darum, daß sie in den kindermörderischen Rath eingewilligt. Selbige Schuhe, wie jenen Taufkessel zeigt man noch in der Kirche zu Querfurt, der Quellbrunnen wird noch heute der Brunsborn genannt, und der Teich, dahinein die Welflin gesenkt werden sollten, heißt noch bis diesen Tag der Wölfenteich. In der Lauterburg bei Querfurt geht noch ein Spuk um, das Schlüsselweibchen genannt. 418. St. Bruno und die EselswieseDa der heilige Bruno am Donnerstage in der Osterwoche Abschied nahm von seinem Bruder und gen Preußen zog, ritt er auf einem Esel, und sein Bruder und viele Herren begleiteten ihn. Wie sie nun über den Anger hart hinter Querfurt ritten, wurde des heiligen Mannes Esel stätig, und wollte nicht weiter, darin sahen die Geleitenden ein Anzeichen, daß Gott den Zug Bruno’s nicht wolle, und beredeten ihn zur Umkehr auf das Schloß. Gleichwohl fand der heilige Mann keine Ruhe, es drängte ihn seiner Bestimmung entgegen, und diese war keine andere, als der Martyrertod, den er auch fand, als er dennoch nach Preußen gezogen war und dort das Evangelium lehrte und predigte. Er wurde mit achtzehn Gefährten gefangen, grausam gepeinigt, verstümmelt und getödtet, das geschah in Lithauen, nahe der Grenze gegen Rußland, im Jahre 1008 oder 1009. Auf der Wiese aber, darauf der Esel des heiligen Bruno stätig wrd, und die bis heute die Eselswiese heißt, ward eine Kapelle erbaut, zur Eselstatt genannt, da wrd an jedem Donnerstag nach Ostern reichlicher Ablaß ertheilt und entstand eine große Wallfahrt und viel Zustrom des Volk des von allen Orten und Enden. Endlich ward ein Jahrmarkt auf den Tag bestimmt, der zuletzt drei Tage dauerte, und so ist es geschehen, das ein stätiger Esel das ganze Volk umher auf die Beine gebracht und laufend gemacht hat, welches Wunder nicht blos zu Sankt Bruno’s Zeiten, sondern auch in späteren sich zum öfteren hie und da hat verspüren lassen. 419. Der Nonnengeist zu GehofenZu Gehofen, zwischen Querfurt und Heldrungen, lebte Frau Philippine Agnes von Eberstein, eine achtbare Edelfrau. Dieser erschien im Jahr 1683 ein Gespenst in Gestalt einer Nonne, und flüsterte ihr zu, Abends sechs Uhr solle sie auf den Hof gehen, und allda einen großen Schatz heben, der sei ihr bescheert/ und keiner andern. Dieser Geist war von kleiner Gestalt, weiß gekleidet, auf dem Schleier über der Stirne mit einem rothen Kreuz gezeichnet, trug in der Hand einen Rosenkranz und hatte nach damals üblicher Tracht ein weißes Vorstecktüchlein vor dem Munde. Da der Gemahl der Frau von Eberstein schwer erkrankt danieder lag, und dieselbe abgemattet war von Nachtwachen, auch merklich furchtsam und bange war, so gab sie dem Ansinnen des Nonnengeistes keine Folge, hatte aber deshalb viel von demselben zu leiden. Das Nonnengespenst griff die Edelfrau thätlich an, drückte und zwickte sie, und verursachte ihr körperliche Schmerzen, unter beständigem Andringen, den Schatz zu heben. Der Geist war ebenso redselig als zudringlich. Ich war eine des Geschlechtes von Trebra flüsterte er der Frau von Eberstein erzählend zu: und wohnte hier auf dem Gut, das früher unserer Familie gehört hat. Im dreißigjährigen Kriege vergrub ich den Schatz hebe ihn! Nimm deinen Beichtiger dazu, deine Hausgenossen es soll dir kein Leid widerfahren ich schütze dich, ich führe den schwarzen Hund hinweg, der den Schatz bewacht hebe ihn, und nie siehst du mich wieder. Wirf deine Schürze, oder ein Facinetlein darauf, wenn du den Schatz siehst! Hebe ihn es sind auch drei Ringe dabei, die werden deinem Geschlecht stets Glück bringen. Hebst du den Schatz, so soll nach vier Jahren deine Tochter auch einen heben! Und so ging es in einem fort; die Edelfrau litt schrecklich unter diesen fortwährenden Peinigungen. Sie sah den Geist, als sie einmal über den Hof ging, mit flehendlichen Gebehrden nahe der Kapelle stehen, und auf den Ort des Schatzes deuten ja sie sah den Schatz offen, und fühlte, wie der Geist, als sie sich zum Weggehen wandte, sie am Rocke festhielt. Da wurde die so sehr geängstigte Frau von Eberstein ganz schwermüthig und gemüthskrank, sah aber immer den Geist, und andere sahen ihn nicht, und Niemand glaubte ihr, nur ihr kleines Töchterlein, das noch nicht reden konnte, deutete mit seinen Fingerchen nach der Stelle, wo der Geist stand. Dessen Quälereien trieben die Edelfrau fast zur Verzweiflung, und währten schon in den vierten Monat. Bei einer Ausfahrt zu Schlitten stand der Geist an der Brücke da feuerte die Frau zwei scharfgeladene Pistolen nach ihm ab, aber die Folge war nur um so größere körperliche Peinigung. Auf Mund und Wangen und auf die Brust schlug der Geist die Leidende, warf sie im Bette empor, hielt den Mund ihr zu, legte sich auf sie, wie ein Alp. Endlich ließ er ab, mit einemmale, und die Edelfrau ließ in öffentlicher Kirchenversammlung dem Herrn für ihre Erlösung danken. Der Schatz blieb ungehoben. |
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